einer definierten Palette von Mikrofo-
nen, Bandmaschinen, Schneideplätzen
und anderem Equipment (siehe Kasten
nächste Seite). Seine Ansprüche radi-
kal zu nennen hieße zu untertreiben.
So hätte er das Gründungsjahr sei-
nes Labels kaum besser wählen kön-
nen, denn 1983 lenkte das Erschei-
nen der Compact Disc die allgemeine
Aufmerksamkeit auf die Bereiche
Tonträger und Klangaspekte. Doch
Ricci war anfangs von der Perfor-
mance des Silberlings enttäuscht, so
dass Fone erst 1988 eine nach sei-
nen Vorstellungen optimiert produ-
zierte CD herausbrachte. Trotz der
Weiterentwicklung in der CD-Tech-
nik und des später eingeführten von
Ricci favorisierten SACD-Formats
sieht der - anders als die sich meist
unprätentiös gebenden und im Hin-
tergrund bleibenden Studio-Freaks -
öffentlich stets wie ein Impresario auftre-
tende Italiener nach wie vor seine Vinyl-
scheiben im Vorteil.
Und für diese wird tatsächlich klassisch
analog auf Bandmaschine aufgenommen.
Während mittlerweile viele Schallplatten
digital vorproduziert werden, ist Ricci sol-
cher „Etikettenschwindel“ ein Graus. Das
gilt ebenso für seine SACD-Ausgaben.
Die tragen nicht nur das „DSD“-Siegel,
sondern wurden auch im Bitstream-Ver-
fahren eingespielt.
Um die Besonderheit darin zu erkennen,
muss man wissen, dass fast alle am Markt
vorhandenen SACDs von PCM-Mastern
stammen, weil das DSD-System kein
Nachbearbeiten erlaubt, wie es praktisch
jede Veröffentlichung erfordert. Ricci ver-
wendet dagegen lieber unterschiedliche
Aufnahmegeräte - analoge wie digitale. So
kann er für jeden Tonträger auf ein indi-
viduelles Original zurückgreifen, wobei
CDs aufwändig aus dem Analogsignal
der SACD generiert werden.
Drei Highlights aus dem
Fone-Programm:
Salvatore Accardo: „Audio-
phile Violin"
Schlichte, natürliche Klang-
schönheit mit Orchester- oder
Klavierbegleitung. Preziosen
von Beethoven bis Gershwin.
I Musici: „Concerts and
Follies in Pergolesi's Time"
Die in einer Kirche gemachte
Aufnahme entfaltet barocke
Pracht und offenbart zugleich
eine Fülle von Details.
B. Lena, E. Pietrapaoli, F.
Siguria:
La Notte"
Jazz-Trio aus Gitarre, Trompete
und Bass in Mitternachtslaune
im Theater von Volterra betont
stimmungsvoll eingespielt.
bei Anwesenheit von Publikum, zieht er
steriler Studioatmosphäre allemal vor.
Und es gibt ein beinahe noch wichtigeres
Argument fürs natürliche Umfeld: „Die
Musik, die wir aufnehmen, wurde in aller
Regel für gewisse Aufführungssituatio-
nen komponiert“, sagt Ricci, „manchmal
Einzigartige M ikro-A ufstellung
Die in Jahren eingeübte und verfeinerte
Platzierung der Mikrofone ist Ricci ein
„heiliges Ritual“: Er weiß, „dass dieser
eng umrissene Platz, der die ganze Aura
erfahrbar macht, existiert und gefunden
werden will“. Dabei geht er mit Augen
und Ohren vor, lauscht den Räumen
sogar für einen ganz bestimmten Saal in
einem Palazzo. Zum Glück verfügen wir
noch über diese historischen Stätten.
Denn auch ein Ort beziehungsweise eine
gewisse Art von Umgebung ist ein kultu-
reller Bestandteil des Werks.“
Erschwerend kommt in der Praxis
hinzu, dass der Barockliebhaber stets
maximal sechs, oft weniger Mikrofone
des Neumann-Typs U47 und/oder U49
einsetzt. Zwei Hauptmikros fangen dabei
eine Mischung aus Direktschall und
Hallanteilen auf, die anderen, in etwas
Abstand installierten fügen vor allem wei-
tere Rauminformationen hinzu. Gemein-
sam bildet das Mikro-Set ein für jede
Situation neu zu arrangierendes Klang-
trapez, ein Energiefeld, in dem sich nach
der Erfahrung Riccis die Musik, ihre Ent-
faltung im Raum sowie ihre emotiona-
len Implikationen in geradezu magischer
Weise zu einem Ganzen vereinen.
O rte als Teil der M u sikku ltu r
Dieser puristische Ansatz zeigt bereits,
wie der Maestro des Wohlklangs vorgeht:
Was im Recorder landet, ist fertig. Alle
Vorarbeiten müssen so auf dem Punkt
sein, dass nachträgliche Eingriffe überflüs-
sig werden. Eine echte Herausforderung,
denn Signoricci nimmt nicht wie üblich
im Studio auf, dessen akustische Eigen-
schaften er genau kennt, sondern „drau-
ßen“, in Kirchen, Klöstern oder geeigne-
ten Sälen. Deren Ambiente, gerne auch
Fone arbeitet grundsätzlich mit jeweils einem Paar Haupt- (rot markiert) und Stützmikrofonen (weiß) für
zusätzliche Rauminformationen. In ihrer akribischen Platzierung liegt ein Geheimnis des Fone-Klangs
1/2014 STEREO 35
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